Wie eine skurrile Kulisse wirkt das ganz aus Holz geschnitzte Schlösschen inmitten der romantischen Parklandschaft in der Havel. Die zur Gräfin von Lichtenau erhobene Trompeterstochter und Geliebte von Friedrich Wilhelm II. ließ sich das »Pfennigschlösschen« vom Potsdamer Ratszimmermeister errichten.
Doch lange währte das Liebesglück der Gräfin Wilhelmine Encke nach Fertigstellung im Jahr 1795 nicht, denn nach dem Tod des Königs im Winter 1797 wurde diese vom Sohn des verstorbenen Geliebten und neuen König Friedrich Wilhelm III. verhaftet und enteignet. Doch das neue Königspaar zog sich nicht sehr oft auf das romantisch inszenierte Kleinod zurück. Die vom Volk geliebte Königin Luise bevorzugte Ihr Schloss-Still-Im-Land etwa 30 Kilometer nord-westlich in Paretz. Die Insel führt fortan ein Dasein im Schatten der großen Schlösser von Potsdam und Berlin, wird jedoch gern von Künstlern besucht und dient als Kulisse für Feierlichkeiten des Adels - auf einer Hochzeitsfeier wird gar der russische Zar unter den Gästen gezählt.
Zur wichtigen Station in der Geschichte wird die Pfaueninsel im Jahre 1848, als sich in Berlin die Bevölkerung für die Republik erhebt, Barrikaden nach dem Vorbild der Französischen Revolution errichtet, die Schlösser besetzt und die Absetzung des Prinzen Wilhelm von Preußen, dem späteren Deutschen Kaiser, fordert. Dieser flieht über die Spandauer Zitadelle mit einem Boot auf die Pfaueninsel, wo sich der „Kartätschenprinz“ und seine Prinzessin Augusta zwei Tage und zwei Nächte, nicht etwa im Schlösschen, sondern im Haus des Hofgärtners Fintelmanns versteckt halten bevor - unter falschem Namen und in Verkleidung - die Flucht nach England gelingt.
Einen großartige Kulisse bietet die Insel auch den Nazis, die am 15.August 1936 hier eine „Italienische Nacht“ als Abschlussfeier der Olympischen Spiele veranstalten. In den Bäumen hängen Lampions und junge Frauen wandeln in Kostümen des 15. Jahrhunderts als Pagen im Licht tausender Fackeln über die Insel. Staats- und Regierungschefs aus der ganzen Welt und hochrangige Diplomaten, sowie das komplette olympische Komitee zählen zu den Gästen. Diese werden zum Abschluss auf Wunsch von Goebbels und Göring mit einem derart gewaltigem Feuerwerk verabschiedet, das so manchen an die Artilleriefeuer des ersten Weltkireges erinnert - selbst der Nachthimmel über der Potsdamer Altstadt ist taghell erleuchtet. Nur drei Jahre später beginnt mit dem Einmarsch der Wehrmacht in Polen der Zweite Weltkrieg.
Im Jahre 1945 in den letzten Tagen des Kriegsendes rückt die Pfaueninsel noch einmal in den Mittelpunkt der Weltgeschichte. Aus dem Führerbunker im bereits eingekesselten Berlin soll, auf Befehl Bormanns und Goebbels, von drei jungen Männern das Testament Adolf Hitlers aus der Stadt nach Bayern gebracht werden. Diese gelangen auf fast identischem Fluchtweg auf die Pfaueninsel wie knapp 300 Jahre zuvor der preußische Kronprinz auf seiner Flucht nach England. Aber dieses mal scheitert die Flucht. Die drei können das Ju52-Flugboot, welches nur 200 Meter vor dem Schilfgürtel der Pfaueninsel wassert, nicht erreichen und geraten unter Beschuss der Roten Armee. Das Flugzeug startet durch in den umkämpften Nachthimmel und der Pilot funkt eine halbe Stunde später nach Plön „auf der Insel kein Zeichen von Leben angetroffen zu haben.“
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Kaum zu glauben, dass sich das Schlösschen mit allen Einrichtungsstücken über die Jahre und durch die Ereignisse der Geschichte nahezu komplett erhalten hat und noch heute im Originalzustand zu besichtigen ist.
Auf der 67 ha großen Pfaueninsel - gestaltet durch Johann August Eyersbeck, Peter Joseph Lenné und Ferdinand Fintelmann - leben tatsächlich noch Pfauen unter dem uralten Baumbestand von etwa 400 malerischen Eichen. Gegenüber dem 1989 wiederhergestellten ersten Rosengarten Preußens zeugen Steinpostamente und Beete mit historischen Blattpflanzen von einem Palmenhaus, das 1880 durch ein Feuer zerstört wurde.
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TIPP:
An fünf Orten auf der Insel bieten Hörstationen Gelegenheit, sich mit der Inselgeschichte vertraut zu machen: Über das Smartphone können Toncollagen abgerufen werden. Im Internet stehen die Hörstationen kostenlos als Download unter: www.luise.tomis.mobi zur Verfügung.
Die Geschichte der Pfaueninsel wird sehr weitreichend von Wolf Jobst Siedler im Kontext zu wichtigen gesellschaftlichen Ereignissen - auf gut 100 Seiten - in dem Buch "Auf der Pfaueninsel - Spaziergänge in Preußens Arkadien" erzählt. Absolut lesenswert!
Titelbild: André Eißer • Alle Rechte © Perspektivmedien UG
Schloss auf der Pfaueninsel
wegen Sanierungsarbeiten geschlossen
Betriebszeiten der Fähre
November bis Februar: 10–16 Uhr
März und Oktober: 9–18 Uhr
April und September: 9–19 Uhr
Mai bis August: 9–20 Uhr
Personen-Fähre
Normalpreis: 4,- EUR
Ermäßigt: 3,- EUR
Familienkarte: 8,- EUR
Pfaueninsel
14109 Berlin
Tel. 030 - 805 86 831
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Bahn • ÖPNV
S-Bahn bis Bhf. Wannsee
anschließend mit dem Bus 218 bis Fähranlegestelle Pfaueninsel.
Mit der Personen-Fähre dann auf die Insel übersetzen.
PKW
An der B1 von Steglitz/Wannsee Richtung Potsdam. Kurz vor der Glienicker Brücke in den Nikolskoer Weg bis zum Fähranleger fahren.
Parken
Kostenlose Parkplätze in der Nähe des Fähranlegers vorhanden.